Schallplatten-Cover: Kunst und Gegenkultur
Plattencover aus 80 Jahren bei einer Ausstellung im b-05
Montabaur. Mit der Ausstellung „Schallplattencover – Kunst und Gegenkultur“ würdigt das b-05 Kulturzentrum im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz im Zeitraum bis zum
9. Juli 2023 auf seinem Gelände im Montabaurer Stadtwald die künstlerische Bedeutung eines Mediums, das Generationen von Musikern und Musikliebhabern geprägt hat.
Totgesagte leben länger – das gilt auch für die Schallplatte. Mit der Einführung der Compact Disc
(CD) als neuem Tonträger ertönte Anfang der 1980-er Jahre erstmals der Abgesang auf die
Vinylscheiben, die als Nachfolger der Schellackplatten seit 1930 allmählich den Musikmarkt
erobert hatten. Doch weit gefehlt: Längst gehört die Schallplatte wieder zur aktuellen Musikkultur
dazu.
Im Mittelpunkt der Ausstellung „Schallplattencover – Kunst und Gegenkultur“ steht allerdings nicht
der Tonträger, sondern seine „Verpackung“, das Cover. Schallplattencover sind Ikonen der
Populärkultur, die unsere Geschichte geprägt und in Bilder gebracht haben. Wer erinnerte sich nicht
an die erste selbst gekaufte Platte und für wen ist die eigene Geschichte nicht mit dieser oder jener
Schallplatte verbunden?
Die Cover wecken Erinnerungen, lassen Songs und Melodien wieder aufleben und eröffnen
zugleich ein Panorama von Stilen und Musikrichtungen, Neuorientierungen und Experimenten.
Punk und Pop, Rock und Heavy Metal, Funk und Folk und vieles andere mehr finden in den Covern
ihren Ausdruck.
Nachdem die ersten Schallplattencover lediglich als Schutzhüllen für den empfindlichen Inhalt
gedient hatten, entwickelte sich die moderne Cover-Gestaltung ab den späten 1940er Jahren
zunehmend zum künstlerisch ambitionierten Marketinginstrument. Als Initiator dieser Entwicklung
gilt der Designer Alex Steinweiss, der damals für das Label „Columbia Records“ arbeitete und mit
seinen Entwürfen als Erster konkreten Bezug nahm auf Musiker und deren Werk.
Designer, Musiker wie Produzenten griffen bei der Gestaltung von Covern später gerne auf bildende
Künstler zurück, darunter Andy Warhol, Robert Rauschenberg, Richard Hamilton und Gerhard
Richter. Triebfeder dieser Entwicklung waren oft die Musiker selbst, die Cover sollten demnach oft
auch der Erhebung des gesellschaftlichen Status’ der Musiker dienen.
Kunst und Kitsch, Mode und Musik, Film und Fotografie: Für Andy Warhol gehörten diese
Elemente zusammen. Daher arbeite er auch mit den unterschiedlichsten Medien und gestaltete
neben seiner künstlerischen Arbeit mit Gemälden, Drucken und Filmen auch zahlreiche
Plattencover. Die ursprünglich abziehbare Banane des Velvet Underground-Covers und Sticky
Fingers der Rolling Stones mit dem aufziehbaren Reißverschluss sind die wohl bekanntesten
Beispiele. Die schrill-bunten Bilder von Aretha Franklin und Diana Ross erinnern hingegen eher an
seine Monroe-, Mao- oder Mona Lisa-Serien. Und Warhol wurde selbst zum ikonischen Vorbild.
Pop und Politik gehörten immer schon zusammen. Spätestens im Zeitalter des Punk wurden die
politischen Botschaften dann auch fordernder. Platten wurden zu politischen Pamphleten, denen
Poster, Flugblätter und Plakate beigegeben wurden, um das Programm in die Welt zu bringen.
Einige Bands wie die englische Anarcho-Punk-Gruppe Crass verwandelten gleich die Cover in
Plakate. Andere, wie The Pop Group, legten ganze Zeitschriften und Folder bei. Und selbst
bescheidenere Plakate wie bei Ton, Steine, Scherben oder Floh de Cologne zeigen, dass die Musik
vor allem eines sein wollte: politischer Kampf.
Die Ausstellung im b-05 Kulturzentrum zeigt Schallplattencover aus mehr als 70 Jahren
Musikgeschichte und bietet einen Überblick über diese besondere Form der Ästhetik. Von Kult bis
Kitsch und von AC/DC bis Frank Zappa durchreist man die Musikgeschichte der letzten Jahrzehnte
bis zur Gegenwart.
Ausgestellt werden mehr als 100 Schallplatten-Cover, darunter viele Ikonen der
Musik/Kunst/Kulturgeschichte aus der umfangreichen Privatsammlung von Peter Barton und aus
verschiedenen kleineren Sammlungen von Vinyl-Fans aus der Region.
Vernissage: Sonntag, 28. Mai 2023, 15 Uhr, auf dem Gelände des b-05 Kulturzentrums.